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Geld und Moral

Unter dem Eindruck zunehmender Moralisierung des Pekuniären geraten wir von der ZAG ins Trudeln. Uns droht, von einer Entwicklung aus einer bisher vollkommen falsch eingeschätzten Richtung, die politische Grundlage entzogen zu werden. Plötzlich stehen Massenmörder, die unter der euphemistischen Bezeichnung Verteidigungsminister ihrem blutigen Tagewerk nachgehen, vor der öffentlichen Verdammnis, vor der sie keine windigen rechtlichen Grundlagen mehr bewahrt. Und das schon für von uns bisher sträflicherweise eher als nebensächlich betrachtete Punkte, wie die Nutzung von Dienstfahr- bzw. -flugzeuge. Das muss uns Sorgen bereiten. Was soll werden, wenn sich das neue moralische Bewußtsein der Konservativen in Geldbelangen durchsetzen sollte. Die CDU/CSU zur Vorkämpferin gegen unmoralischen Umgang mit Geldern wird? Die Forderung nach Abschaffung von Bundeswehr, Bundesgrenzschutz, der Einstellung des größten Teils der Wirtschaftsförderung und einer radikalen Umorientierung in der Entwicklungshilfe steht wohl demnächst vor der Tür. Endlich wird aus mächtigen Kreisen unserer Gesellschaft aktiv gegen die massiven Ungerechtigkeiten des Welthandels und das unmoralische Prinzip der Ausbeutung vorgegangen. Die CDU/CSU-Fraktion als antikapitalistische Kämpferin betritt die Bühne - wir werden unserer bisherigen Arbeit beraubt werden, aber das mit frohem Herzen hinnehmen. Denn nun ist es soweit: Alles wird gut!

Gar nicht gut ist bislang noch einiges. Ein paar ganz konkrete Tips für die weiteren Schritte fallen uns nicht schwer. So könnten die bekannt guten Kontakte der Parteispitze zu einflussreichen Kreisen in der Türkei für die sofortige Beendigung der seit Monaten anhaltenden Übergriffe türkischer Sicherheitskräfte auf afrikanische Flüchtlinge und MigrantInnen an der griechisch-türkischen Grenze verwendet werden. Der seltsamen Häufung von polizeilichen Todesschüssen speziell bei irgendwie anders aussehenden Menschen, wie jüngst wieder in Aschaffenburg, ist bald kein Thema mehr, da die gesellschaftliche Wende auch zu einem Ruck in dieser Institution führen wird. Wir sind natürlich auch zuversichtlich, dass der Druck auf Herrn Schily bezüglich des Einwanderungsgesetzes, da ja nun ein radikaler Positionswechsel der Konservativen ansteht, die entsprechenden Konsequenzen zeitigt. Für Hilfestellungen bei der Formulierung der neuen Forderungen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung. Eine kleiner Zusatz in dieser Passage, die den Kirchen ein Kontingent zuspricht und dies unlimitiert auf die antirassitischen Gruppen erweitert, würde uns vorerst genügen. Die Kehrtwende der Opposition kam fuer die Opfer der australischen Piraterie zu spät, die Forderung nach der Einstellung sämtlicher diplomatischen Beziehungen und der internationaloen Isolierung dieses Regimes wird jedoch sicherlich bald den Bundestag beschäftigen.

Eine der alten Fronten bleibt der neuen CDU aber erhalten, da sich ja in Durban die Mehrheit der Vertreter der NGO's durch ihre Abschlusserklärung als bestenfalls gehirnamputiert, wahrscheinlicher aber als glasklar antisemitisch geoutet haben. Der Aufschrei, der folgte, scheint bei einigen Repräsentanten für die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Gehirnteile gesorgt zu haben, aber Gnade werden sie wohl vor der "brutalst möglichen Aufklärung" seitens der neuen moralischen Elite kaum finden. Dass die UN-Konferenz zu Rassismus doch noch auf die namentliche Nennung Israels als rassistischen Staat in ihrer Abschlusserklärung verzichtete, ist sicherlich dem großen Einfluss der konservativ geprägten deutsch-arabischen Beziehungen zu verdanken. Der Skandal - den diese Konferenz als Solches darstellt - konnte zwar nicht mehr verhindert werden, doch harren wir mit Spannung den zu erwartenden Erklärungen aus den Reihen der christlichen Parteien, in denen die Rolle der Nationalstaaten bei der Förderung und Schaffung rassistischer Einstellungenangeprangert werden.

Insofern frohgemut
Eure ZAG

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